… unterliegen auch Ansprüche gemäß § 280 Abs.1 BGB.
Die klagende Spedition hat Frachtforderungen gegen die Beklagte, von denen sie den Erlös aus dem Notverkauf von Wurstwaren absetzt. Den verbleibenden Betrag macht sie mit der Klage geltend. Diese Forderung ist unstreitig, die Beklagte meint jedoch, die Klägerin habe den Notverkauf der Wurstwaren zu vertreten, und rechnet mit diesem Schaden gegen die Frachtforderungen auf. Nachdem die Klägerin geltend gemacht hat, die Aufrechnung verstieße gegen Ziff. 19 ADSp, erhebt sie wegen dieses Betrages Widerklage.
Erst in der Berufungsinstanz erhebt die Klägerin wegen der Widerklagforderung die Einrede der Verjährung. Das Berufungsgericht meint, hiermit sei die Klägerin nach § 531 Abs.2 ZPO ausgeschlossen, und gibt der Widerklage statt.
Dem folgt der Bundesgerichtshof zunächst. Der der Beklagten zugesprochene Anspruch aus § 280 BGB unterliege zwar der Verjährungsvorschrift des Art 31 Abs.1 CMR, die Klägerin sei hiermit aber nach § 531 Abs.2 ZPO ausgeschlossen, da sie diese Einrede bereits in I. Instanz habe erheben müssen. Allerdings meint der Bundesgerichtshof, das Oberlandesgericht habe den Schadenfall trotz entsprechenden unter Beweis gestellten Vortrags der Parteien nicht hinreichend auf geklärt, weshalb er die Sache an das Oberlandesgericht zurückverweist.
14.05.2009 BGH Urteil, Az. I ZR 208/06
Nach dieser Verordnung kann ein Fluggast eine pauschalierte Entschädigung von € 250,–, 400,– oder sogar 600,– von dem Luftfahrtunternehmen bei großer Abflugverspätung, bei Flugannullierung oder dann verlangen, wenn ihm die Beförderung z.B. wegen Überbuchung verweigert wird. Der Schutz weist allerdings erhebliche Lücken auf.
Der Fluggast hat bei der Lufthansa einen Flug von Hamburg via München nach Sao Paulo gebucht. Er checkt in Hamburg ordnungsgemäß ein allerdings kommt das Flugzeug, das ihn nach München fliegen soll, erst mit eineinhalb Stunden Verspätung an. Zwar gelingt es ihm noch vor der Abflugzeit zum Gate für den Flieger nach Sao Paulo zu gelangen, er wird jedoch abgewiesen, da der Einsteigevorgang bereits beendet ist. Er kann erst am nächsten Tag nach Sao Paulo weiterfliegen.
Zum Rückflug ist er rechtzeitig auf dem Flughafen von Sao Paulo, dort stellt er fest, daß der Flug im Code-Sharing mit der Lufthansa tatsächlich von der TAM durchgeführt wird. Beim Einchecken wird ihm erklärt, der Flug sei annulliert, sodaß er wieder erst einen Tag später fliegen kann. Er verlangt von der Lufthansa für beide Fälle die vorgesehene Entschädigung von jeweils € 600,–.
Zu Unrecht wie der Bundesgerichtshof ausführt. Ein Anspruch wegen Verweigerung der Beförderung setzt neben der bestätigten Buchung voraus, daß der Fluggast zur angegebenen Zeit – falls eine solche nicht angegeben ist, 45 Minuten vor dem Abflug – am Gate ist. Kommt der Fluggast später und wird dann die Beförderung verweigert, entsteht kein Anspruch auf Entschädigung. Dies gilt auch dann, wenn die Verspätung durch das Luftfahrtunternehmen verursacht wurde. Es kann auch keine Entschädigung wegen Verspätung verlangt werden, da hierfür nicht die Flugreise sondern nur der einzelne Flug maßgeblich ist. Der Flug von Hamburg nach München war nur eineinhalb Stunden verspätet, der Flug nach Sao Paulo pünktlich.
Auch für den Rückflug erhält der Fluggast keine Entschädigung. Ein Anspruch gegen die Lufthansa besteht von vornherein nicht, weil die Entschädigung nur von dem den Flug tatsächlich ausführenden Luftfahrtunternehmen geschuldet wird, hier also von der TAM.
Bei der TAM handelt es sich um ein brasilianisches und damit nicht um ein EG-Luftfahrtunternehmen. Zwar ist dieses für Flüge von Europa aus ebenfalls der FluggastrechteVO unterworfen. Für Rückflüge in die EG gilt dies jedoch nicht. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes würde die Zubilligung eines Entschädigungsanspruches die anderen Fluggäste, die nicht aus der EG kommen, diskriminieren.
BGH Urteil vom 30.04.2004, Az. Xa ZR 78/08; EuGH und Urteil vom 10.7.2008, Az. C-173/07
eines ausländischen Hauptfrachtführers für Schäden in seinem Gewahrsam
Die Klägerin macht als Transportversicherer Schadenersatzansprüche gegen die deutsche Tochtergesellschaft eines internationalen Logistikkonzerns wegen des Verlustes einer Sendung auf dem Transport von Taiwan nach Deutschland geltend. Der Absender hat die taiwanesische Schwestergesellschaft mit der Beförderung beauftragt. Die Sendung, die einen hohen Wert hatte, war von der Beklagten in Deutschland verzollt worden. Auf dem Weitertransport zur Empfängerin ist sie verschwunden.
Das Oberlandesgericht weist die Klage ab. Einen direkten Anspruch habe die Klägerin als Empfängerin gegen die Beklagte nicht, da diese nur Unterfrachtführer gewesen sei. Ein Anspruch nach § 437 HGB richte sich nach dem Recht von Taiwan. Danach sei die Haftung des Frachtführers für kostbares Gut ausgeschlossen, wenn dem Frachtführer nicht bei Auftragserteilung der Wert mitgeteilt worden sei, was hier nicht geschah.
Dem folgt der Bundesgerichtshof nicht. Ein Anspruch nach § 437 HGB komme allerdings nicht in Betracht, da dies voraussetze, dass auf den Hauptfrachtvertrag deutsches Recht anzuwenden sei (BGH Urteil vom 30.10.2008, Az. I ZR 12/06).
Da der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung, wonach der Empfänger aus eigenem Recht keine Ansprüche gegen den Unterfrachtführer geltend machen kann, aufgegeben hat, haftet die Beklagte der Klägerin für den entstandenen Schaden nach § 425 HGB. Ob der Absenderin wegen das Haftungsausschlusses nach taiwanesischem Recht möglicherweise kein Schaden entstanden ist, ist unerheblich, da der Empfänger seinen eigenen Schaden gegen den Frachtführer geltend machen kann.
Der verwitwete kinderlose aber vermögende Beteiligte will die getrennt lebende Ehefrau seines Neffen adoptieren. Mit diesem hat sie drei Kinder. Der Beteiligte ist Pate des ältesten Kindes. Er kennt die Anzunehmende, seit sie seines Neffen kennengelernt hat. Seit der Trennung der Eheleute besuchten er und die Anzunehmende sich wöchentlich. Der Neffe hat der Adoption zugestimmt, weil man „Sechs Richtige im Lotto“ nicht ausschlagen dürfe. Die leiblichen Eltern der Anzunehmenden haben die Absicht wegen der finanziellen Aussichten „geschluckt“. Wegen ihrer derzeit schwierigen Situation wünscht die Anzunehmende die Adoption.
Das Vormundschaftsgericht hat die Genehmigung der Adoption verweigert, dies wird vom OLG München gebilligt. Nach § 1767 BGB kann ein Volljähriger als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn zwischen dem Annehmende und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist oder bei objektiver Betrachtung die Entstehung einer solchen Beziehung in der Zukunft zu erwarten ist. Dies muss positiv festgestellt werden. Andere nicht familienbezogene vor allem wirtschaftliche Motive dürfen nicht ausschlaggebender Hauptzweck sein. Das aber sei hier der Fall.
08.06.2009 Beschluss vom OLG München, Az. 31 WX 22/99
Die Parteien hatten im Januar 2000 die Ehe geschlossen, aus der ihr im November 2001 geborener Sohn hervorgegangen ist. Nach der Trennung im September 2003 wurde die Ehe im April 2006 rechtskräftig geschieden. Der Sohn lebt seit der Trennung der Parteien bei der Klägerin. Seit 2005 besuchte er eine Kindertagesstätte mit Nachmittagsbetreuung, seit September 2007 geht er zur Schule und danach bis 16.00 Uhr in einen Hort. Er leidet unter chronischem Asthma. Die Klägerin ist verbeamtete Studienrätin und seit August 2002 mit knapp 7/10 einer Vollzeitstelle (18 Wochenstunden) erwerbstätig.
Die Klägerin macht Betreuungsunterhalt geltend, den ihr das Oberlandesgericht zugesprochen hat. Die Revision des Mannes war erfolgreich.
Der Anspruch der Klägerin auf Betreuungsunterhalt richtet sich nach neuem Unterhaltsrecht, also nach § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung. Danach kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB). Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berück-sichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 2 BGB).
Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber den nachehelichen Betreuungsunterhalt grundlegend umgestaltet. Er hat einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt eingeführt, der aus Gründen der Billigkeit verlängert werden kann. Im Rahmen dieser Billigkeitsentscheidung sind nach dem Willen des Gesetzgebers kind- und elternbezogene Verlängerungsgründe zu berücksichtigen. Obwohl der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB als Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ausgestaltet ist, wird er vor allen Dingen im Interesse des Kindes gewährt, um dessen Betreuung und Erziehung sicherzustellen.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Das Kind wird bis 16:00 Uhr betreut. Es ist davon auszugehen, daß die Klägerin als Studienrätin auch bei voller Stundenzahl (28) in der Lage ist, die Betreuung ihres Kindes ab 16:00 Uhr zu übernehmen. Besondere Gründe dafür, daß eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts der Billigkeit entspreche, habe die Klägerin nicht geltend gemacht.
18.03.2009 BGH Urteil, Az. XII ZR74/08
Die nicht verheirateten Eltern wollen ihrem Sohn, der den Nachnamen der Mutter erhält, die Vornamen H… F… Lütke geben. Lütke ist der Nachname des Vaters. Der Standesbeamte verweigert die Eintragung dieses Namens, da es kein Vor- sondern ein Nachname sei, der Name Lütke als Vorname sei auch „verbraucht“, da der Vater seinen Nachnamen behalte, schließlich bestehe die Gefahr, daß der Vorname als Nachname verstanden und damit der Eindruck einer Doppelnamens entstehe. Ein Doppelname werde durch das Gesetz verboten.
Der Bundesgerichtshof sieht dies anders:
„Das Recht der Eltern für ihr Kind Sorge zu tragen, umfasst auch die Befugnis ihrem Kind einen Vornamen zu erteilen. Bei der Wahl dieses Vornamens sind die Eltern grundsätzlich frei; sie sind insbesondere nicht an einen Kanon herkömmlicher Vornamen gebunden. Dem Recht der Eltern zur Vornamenswahl sind vielmehr allein dort Grenzen gesetzt, wo die Rechtsausübung das Kindeswohl zu beeinträchtigen droht. Der Staat ist zwar in Wahrnehmung seiner Wächteramtes (Artikel 6 Abs. 2 GG) verpflichtet, das Kind vor verantwortungsloser Namenswahl durch die Eltern zu schützen, für darüber hinausgehende Eingriffe in das Elternrecht auf Bestimmung des Vornamens für ihr Kind bietet Artikel 6 Abs. 2 GG jedoch keine Grundlage.“
„Die für eine Beschränkung des elterlichen Namensbestimmungsrechts notwendige Beeinträchtigung des Kindeswohls kann nicht aus allgemeinen – letztlich doch wieder an einer Ordnungsfunktion ausgerichteten – Betrachtung über die Tauglichkeit oder Untauglichkeit von Namensarten als Vornamen hergeleitet werden. Entscheidend ist vielmehr, ob ein bestimmter, von den Eltern für ihr Kind gewählter Vorname das Wohl ihres Kindes konkret zu beinträchtigen geeignet ist.“
„Die für eine Beschränkung des elterlichen Namensbestimmungsrechts notwendige Beeinträchtigung des Kindeswohls kann nicht aus allgemeinen – letztlich doch wieder an einer Ordnungsfunktion ausgerichteten Betrachtung über die Tauglichkeit oder Untauglichkeit von Namensarten als Vorname hergeleitet werden.“
Damit aber ist der dritte Vorname Lütke von dem Standesbeamten in das Geburtsregister einzutragen.
30.04.2008 BGH Beschluss, Az. XII ZB 5/08
Im Mietenspiegel ist die örtliche Vergleichsmiete mit einer Bandbreite angegeben, also € 3,35 bis € 3,59 je qm. Der Vermieter verlangt unter Bezugnahme auf den Mietenspiegel eine Anhebung der Miete auf € 3,55 je qm. Der Mieter meint, eine Anhebung dürfe nur auf den Mittelwert von € 3,47 je qm erfolgen.
Der Vermieter darf die Miete nach § 558 BGB auf die örtliche Vergleichsmiete anheben. Das ist auch noch der obere Betrag der Spanne also € 3,59. Bis zu dieser Höhe kann der Vermieter die Miete anheben.
Nach § 588 BGB muss ein Mieterhöhungsverlangen begründet werden. Dies kann gemäß § 588 Abs.2 BGB durch einen Mietenspiegel der Gemeinde geschehen, der dem Verlangen beigefügt ist. Soweit allerdings der Mietenspiegel gegen eine geringe Schutzgebühr beim Mieter- oder Vermieterverein oder in Hamburg bei den Bezirks- und Ortsämtern sowie im Internet zu erhalten ist, ist eine Beifügung nicht erforderlich. BGH, Urteil vom 30.9.2009, AZ. VIII ZR 276/08
21.10.2009 BGH Urteil, Az. VIII ZR 30/09
In einem vorangegangenen Räumungsrechtstreit vergleichen sich Mieter und Vermieter unter anderem dahin, daß eine offene Mietforderung von € 1.900,– besteht. Der Mieter verpflichtet sich den Rückstand in Raten von € 200,– beginnend mit dem 1. Juli zusammen mit der Miete zu tilgen. Der Vergleich enthält eine Verfallklausel wonach der Mieter sich verpflichtet die Wohnung zu räumen, wenn er mit einer Rate länger als 14 Tage in Verzug gerät. Die Novemberrate wird nur zur Hälfte gezahlt. Der Vermieter betreibt daraufhin die Räumungsvollstreckung aus dem Vergleich. Hiergegen wendet sich der Mieter mit der Vollstreckungsgegenklage. Er meint, die Verfallklausel enthalte eine nach § 555 BGB unzulässige Vertragsstrafe. Die Klage bleibt erfolglos.
Gemäß § 555 BGB ist eine Vereinbarung unwirksam, durch die sich der Vermieter eine Vertragsstrafe vom Mieter versprechen lässt. Unter einer Vertragsstrafe wird das Versprechen einer Zahlung (§ 339 BGB) oder einer anderen Leistung (§ 342 BGB) durch den Schuldner verstanden für den Fall, dass dieser eine Verbindlichkeit nicht oder in nicht gehöriger Weise, insbesondere nicht rechtzeitig (§ 341 BGB) erfüllt. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der herrschenden Ansicht in der Literatur auch in dem Verzicht auf eigene Rechte eine Leistung zu sehen sein, die im Einzelfall dazu führen kann, die für die Vertragsstrafe geltenden Vorschriften jedenfalls entsprechend anzuwenden Entgegen der Auffassung der Revision verzichteten die Kläger in Ziffer VI des Vergleichs jedoch nicht auf ihnen (eventuell) zustehende Rechte.
Im Hinblick auf den Mietrückstand von € 1.900,– bei einem monatlichen Mietzins von € 700,– hätte der Vermieter bereits bei Abschluß des Vergleichs die Räumung durchsetzen können. Durch den Vergleich hat der Mieter mithin nicht auf Rechte verzichtet.
14.10.2009 BGH Urteil, Az. VIII ZR 272/08
Herausgabe der Nutzungen durch den gekündigten Mieter
Der Beklagte mietete 1991 Gewerberäume zum Mietzins von 1.000,– DM monatlich. Die Untervermietung war erlaubt. Der Beklagte konnte die Räume zu einem Mietzins von monatlich 7.000,– untervermieten. Der Mietvertrag wurde zum 30.6.1998 gekündigt. Die von dem Eigentümer gegen den Beklagten im Mai 1998 erhobene Räumungsklage hatte erst 2002 vor dem Bundesgerichtshof Erfolg. Der Beklagte hatte bereits zuvor mit der Untermieterin eine Vertragsaufhebung zum 31.1.2002 vereinbart und hierfür eine Entschädigung von 27.500,– DM erhalten. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes verlangt der Eigentümer von dem Beklagten die Herausgabe des vom Untermieter nach der Kündigung gezahlten Mietzinses und der Entschädigung von 27.500,– DM.
Die vom Landgericht abgewiesene Klage hat vor dem Oberlandesgericht und dem Bundesgerichtshof Erfolg. Die Kündigung war, wie der Bundesgerichtshof 2002 entschieden hat, wirksam. Der Beklagte war mithin nach § 546 BGB verpflichtet, die Mietsache am 1.7.1998 an den Eigentümer herauszugeben. Gemäß § 292 BGB hat derjenige, der eine Sache herauszugeben hat, ab Rechtshängigkeit die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
Zu diesen Nutzungen gehören gemäß §§ 100, 99 Abs. 3 BGB u.a. die mittelbaren Sachfrüchte, d.h. die Erträge, die die Sache vermöge eines Rechtsverhältnisses gewährt. Das sind hier die Untermietzinsen, die der Beklagte durch die Untervermietung der herauszugebenden Mieträume tatsächlich erzielt hat, und die aufgrund der Vereinbarung über die Auflösung des Untermietvertrages erhaltene Entschädigung.
12.8.2009 BGH Urteil, Az. XII ZR 76/08
Unfallreparatur durch markengebundene oder freie Fachwerkstatt?
Ein 9 Jahre alter Golf hat bei einem Unfall einen reinen Blechschaden erlitten. Ein Sachverständiger ermittelt die Reparaturkosten auf € 1.000,- wobei er die Stundesätze der regionalen VW-Werkstätten zugrundelegt. Der Geschädigte rechnet den Unfall auf dieser Basis fiktiv mit dem Versicherer ab. Dieser wendet ein, er habe mit einer örtlichen Fachwerkstatt eine Vereinbarung getroffen, wonach diese die erforderlichen Reparaturen ordnungsgemäß zum Preise von € 600,- durchführe, im übrigen könne der Geschädigte die Reparatur bei einer örtlichen freien Fachwerkstatt, wegen der niedrigeren Stundesätze jedenfalls zum Preise von € 800,- durchführen lassen.
Grundsätzlich ist der Geschädigte Herr des Restitutionsverfahrens. Der Versicherer kann ihn deshalb nicht an eine ihm genehme Werkstatt verweisen, welche Werkstatt er beauftragt, ist allein Sache des Geschädigten. Ersatzfähig sind allerdings nur die für die Reparatur erforderlichen Kosten.
Da dies für Gewährleistungsansprüche und Kulanzleistungen von Bedeutung sein kann und die Reparatur in einer Markenwerkstatt auch für die Wertschätzung des Fahrzeugs (Scheckheft gepflegt) von Bedeutung ist, kann der Geschädigte bei jüngeren Fahrzeugen – bis zu drei Jahren – die Kosten einer Reparatur in einer Markenwerkstatt ersetzt verlangen.
Bei älteren Fahrzeugen muss er sich auf die Reparatur in einer freien Fachwerkstatt verweisen lassen. Anders ist es nur, wenn der Geschädigte ein besonderes Interesse an einer Reparatur durch eine Markenwerkstatt hat, etwa weil das Fahrzeug bisher ausschließlich in der Markenwerkstatt repariert und gepflegt wurde, was durch Scheckheft und Rechnungen zu belegen ist.
20.10.2009 BGH Urteil, Az. VI ZR 53/09
Der Unfallgeschädigte ließ sein Fahrzeug durch einen Sachverständigen besichtigen. Dieser ermittelte einen Wiederbeschaffungswert von € 5.000,–, Reparaturkosten von € 7.912,87 und gab den Restwert mit € 1.000,- an („Angebot liegt vor“). Der Haftpflichtversicherer verwies den Geschädigten auf ein Restwertangebot eines spezialisierten Aufkäufers in einer entfernten Stadt in Höhe von € 4.210,– und zahlte nur € 790,– Der Geschädigte klagte die Differenz von € 3.210,– ein. Ein vom Berufungsgericht beauftragter Sachverständiger hat Angebote von Autohäusern der Region eingeholt, die sich zwischen € 1.000,–, € 2.500,– und € 2.560,– bewegten. Das Landgericht hat den Restwert auf € 2.000,– geschätzt und der Klage nur in Höhe von € 2.210,– stattgegeben.
Der Bundesgerichtshof hat dies gebilligt. Auf das Angebot des spezialisierten Aufkäufers habe sich der Geschädigte nicht verweisen lassen müssen, da es auf den dem Geschädigten zugänglichen regionalen Markt ankomme. Zwar dürfe sich der Geschädigte auf eine Restwertermittlung durch den von ihm eingeschalteten Sachverständigen verlassen, jedoch nur dann wenn es eine korrekte Wertermittlung erkennen ließe. Hierfür müsse der Sachverständige mindestens drei Angebote auf dem regionalen Mark einholen. Allein die Angabe in dem Gutachten: „Angebot liegt vor“ sei unzureichend.
13.10.2009 BGH Urteil, Az. VI ZR 318/08
Nach § 14 Abs.1 StVO muss sich, wer ein- oder aussteigt, so verhalten, so verhalten, daß eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Das Ein- bzw. Aussteigen ist erst mit dem Schließen der Fahrzeugtür beendet.
Kommt es zu einer Kollision zwischen der geöffneten Tür und einem zu eng vorbeifahrenden Fahrzeug, während der Fahrer des stehenden Fahrzeugs einem Kind beim Aussteigen behilflich ist, kommt eine Haftungsquote von 50 % in Betracht.
6.10.2009 BGH Urteil, Az: VI ZR 316/08
Verpflichtung einen Schwerbehinderten zum Vorstellungsgespräch zu laden
Ein Rechtsanwalt ist mit einem Grad von 50% schwerbehindert. Nach dem mit „ausreichend „bestandenen Examen war er auf Grund von Zeitverträgen im Rechtsamt einer Stadt tätig und sodann, bis er sich als Rechtsanwalt niederließ, in der Rechtschutzabteilung eines Vereins tätig. Er bewirbt sich auf eine Stellenausschreibung der Bundesagentur für Arbeit. Diese lädt 9 der insgesamt 180 Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch ein, nicht aber den Rechtsanwalt. Sie entscheidet sich für einen Bewerber mit der Examensnote „vollbefriedigend“ und teilt dem Rechtsanwalt mit, sie habe sich für einen anderen besser qualifizierten Bewerber entschieden.
Der Rechtsanwalt erhebt Klage auf Schadenersatz gegen die Bundesanstalt in Höhe einer Monatsvergütung nach § 15 AGG, weil diese es unterlassen habe, ihn zu einem Bewerbungsgespräch einzuladen und seine Schwerbehinderung nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt habe.
Die Klage hat Erfolg. Ein schwerbehinderter Bewerber muss nach § 82 SGB IX bei einem öffentlichen Arbeitgeber die Chance eines Vorstellungsgesprächs bekommen, wenn seine fachliche Eignung zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Selbst wenn sich der öffentliche Arbeitgeber aufgrund der Bewerbungsunterlagen schon die Meinung gebildet hat, ein oder mehrere andere Bewerber seien so gut geeignet, dass der schwerbehinderte Bewerber nicht mehr in die nähere Auswahl komme, muss er den schwerbehinderten Bewerber nach dem Gesetzesziel einladen.
Der Rechtsanwalt erfüllte die in der Ausschreibung genannten Anforderungen, seine fachliche Eignung war mithin nicht offensichtlich ausgeschlossen. Das die Behörde später die Anforderungen intern heraufsetzte ist unerheblich.
Mangels Einladung zu einem Vorstellungsgespräch wird die Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung vermutet, Diese Vermutung konnte die Agentur für Arbeit nicht widerlegen, weshalb der Schadenersatzanspruch dem Grunde nach gegeben ist.
21.7.2009 BAG Urteil, Az. 9 AZR 431/08
... mit Gleitzeitguthaben und Urlaubsanspruch
Der Arbeitnehmer wird fristgerecht am 31.8. zum 31.10. gekündigt. In dem Kündigungsschreiben heißt es, er werde bis auf Widerruf für den Rest des Arbeitsverhältnisses unter Anrechnung auf sein Gleitzeit-Guthaben und restlichen Urlaub von der Arbeit freigestellt. Bis 31.10. bleibt es bei der Freistellung.
Mit seiner Klage verlangt der Arbeitnehmer die Abgeltung eines restlichen Urlaubsanspruches von 6 Tagen und den Ausgleich seines Guthabens auf dem Gleitzeitkonto. Der Arbeitgeber meint, beide Ansprüche seien durch die Freistellung von der Arbeit erloschen.
Das Bundesarbeitsgericht bestätigt die Urteile der Vorinstanzen die einen Anspruch auf Ausgleich des Guthabens auf dem Gleitzeitkonto abgelehnt, jedoch dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung zu gesprochen haben.
Eine Freistellungserklärung ist nur dann geeignet, das Erlöschen des Urlaubsanspruchs zu bewirken, wenn der Arbeitnehmer erkennen muss, dass der Arbeitgeber ihn zum Zwecke des selbstbestimmten Erholungsurlaubs von der Arbeitspflicht freistellen will. Das war hier nicht der Fall, da der Arbeitnehmer nur widerruflich von der Arbeitsleistung freigestellt wurde, mithin jederzeit damit rechnen musste, von seinem Arbeitgeber zur Arbeit herangezogen zu werden.
Anders ist es demgegenüber bezüglich der Mehrarbeitsstunden. Mit der Bestimmung der Zeit der Arbeitsleistung wird zugleich auch die Zeit bestimmt, während derer ein Arbeitnehmer keine Arbeit zu leisten hat. Beide Festlegungen unterliegen deshalb dem Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 Satz 1 GewO. Das ermöglicht es dem Arbeitgeber, die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht im Einzelnen nach Zeit, Art und Ort nach billigem Ermessen iSv. § 315 Abs. 3 BGB zu bestimmen. Damit aber durfte der Arbeitgeber die Mehrstunden mit der Arbeitsfreistellung verrechnen.
19.5.2009 BAG Urteil, Az. 9 AZR 433/08
In § 6 des Arbeitsvertrages von Frau S. heißt es:
„Weihnachtsgratifikation
1. Die B GmbH & Co KG gewährt Fr. S mit dem jeweiligen Novembergehalt eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes gemäß § 5 Abs. 1. Die Weihnachtsgratifikation ist eine freiwillige soziale Leistung, auf die auch bei mehrmaliger vorbehaltsloser Bezahlung kein Rechtsanspruch besteht. Dies gilt auch für weitere unter § 6 gewährte Leistungen.
2. Der Anspruch auf Gratifikation ist ausgeschlossen, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Auszahlungszeitpunkt endet oder wenn es sich im gekündigten Zustand befindet, es sei denn, die Kündigung erfolgte aus dringenden betrieblichen Gründen.
3. Die Weihnachtsgratifikation ist zurückzuzahlen, wenn Fr. S aufgrund einer Kündigung oder wegen außerordentlicher Kündigung bzw. aus von ihr zu vertretender verhaltensbedingter Kündigung der B GmbH & Co KG bis zum 31. März des Folgejahres ausscheidet. Dies gilt entsprechend bei einvernehmlicher Aufhebung des Arbeitsverhältnisses.”
Frau S. ist vom 1.10. bis zum 30.11. im Mutterschutz, danach nimmt sie ab dem 1.12. Elternzeit in Anspruch. Der Arbeitgeber zahlt allen Mitarbeitern die Weihnachtsgratifikation nicht jedoch Frau S. Er meint hierauf habe Frau S. keinen Anspruch, da sie sich in Elternzeit befinde. Die Klage von Frau S. ist erfolgreich.
Das Bundesarbeitsgericht lässt es offen, ob es sich bei der Gratifikation tatsächlich um eine freiwillige soziale Leistung handelt. Auch wenn der Arbeitgeber aufgrund eines Freiwilligkeitsvorbehalts in seiner Entscheidung frei ist, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen er seinen Arbeitnehmern eine zusätzliche Leistung gewährt, ist er an den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden, wenn er nach von ihm gesetzten allgemeinen Regeln freiwillig Sonderzahlungen leistet. Ist die unterschiedliche Behandlung nach dem Zweck der Leistung nicht gerechtfertigt, kann der benachteiligte Arbeitnehmer verlangen, nach Maßgabe der begünstigten Arbeitnehmer behandelt zu werden.
Die Parteien haben in § 6 des Arbeitsvertrags eindeutig und abschließend festgelegt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wenn die Beklagte sich entschließt, eine Weihnachtsgratifikation zu zahlen. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin.
Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass ihr Arbeitsverhältnis seit dem 1. Dezember 2005 aufgrund der Inanspruchnahme von Elternzeit ruht. Dadurch sind zwar die Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis suspendiert worden, dieses selbst besteht jedoch mit seinen Nebenpflichten weiter. Die Arbeitsvertragsparteien waren nicht gehindert Ruhenszeiten anspruchsmindernd zu berücksichtigen. Dies ist jedoch nicht geschehen.
10.12.2008 BAG Urteil, Az. 10 AZR 35/08
Die Klägerin verlangt von dem ehemaligen Arbeitgeber ihres durch Selbstmord verstorbenen Mannes Schadenersatz aus übergegangenem Recht. Sie meint ihr Mann sei, nachdem er sich mit Erfolg gegen eine Kündigung zur Wehr gesetzt habe, gemobbt worden. Statt wie bisher als Hausmeister sei er nun in der Stanzerei eingesetzt worden, er habe seinen Generalschlüssel abgeben müssen. Seine Befugnisse seien immer weiter eingeschränkt worden. Er habe zum Teil unsinnige Aufträge erhalten und sei lächerlich gemacht worden. Dies habe zu einer psychischen Belastung geführt, die letztlich Ursache für den Selbstmord gewesen sei.
Das Arbeits- und das Landesarbeitsgericht haben die Klage bzw. die Berufung zurückgewiesen. Auch die Revision zum Bundesarbeitsgericht war erfolglos. Das Bundesarbeitsgericht hat ausgeführt:
„Mobbing“ ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen.
Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche auf Grund „Mobbings“ geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers iSd. § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung iSd. § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung auf Grund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Abs. 3 AGG erfolgten Definition des Begriffes „Belästigung“, die eine Benachteiligung iSd. § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden.
Derartige Vertrags- oder Gesetzesverletzungen hat die Klägerin nicht beweisen können.
24.4.2008 BAG Urteil, Az. 8 AZR 347/07
Videoüberwachung und Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
Das Bundesverfassungsgericht hat in der laufenden verdachtsunabhängige Videoüberwachung des fließenden Verkehrs eine Einschränkung des Grundrechts auf informationellen Selbstbestimmung gesehen, die deshalb einer gesetzlichen Grundlage bedarf, die es bislang in keinem Bundesland gibt ( BVerfG , Urteil 11.8.2009, Az. ).
Ein Kraftfahrer wendet sich deshalb gegen einen Bußgeldbescheid wegen Unterschreitung des Mindestabstandes, der auf entsprechenden Videoaufzeichnungen beruht. Dem folgt das Oberlandesgericht Bamberg nicht. Die Aufzeichnungen erfolgen mit drei Kameras. Die ersten beiden erfassen nur die Fahrzeuge. Aus technischen Gründen ist in ihren Aufnahmen weder der Fahrer noch das Kennzeichen zu erkennen. Erst wenn auf Grund der Aufnahmen dieser Kameras der Verdacht einer Abstandsunterschreitung besteht, werden mit einer dritten Kamera mit Teleobjektiv Aufnahmen von dem Fahrzeug gemacht auf denen das Kennzeichen und der Fahrer erkennbar sind. Da Videoaufzeichnungen bei einem begründeten Verdacht einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit zulässig sind, liegt also kein Verstoß gegen das Grundrecht vor. Ein Verwertungsverbot besteht nicht.
16.11.2009 Beschluss vom OLG Bamberg, Az. 2 Ss OWi 1215/09
... im Steuerrecht
Der Kläger ist Eigentümer eines mehrgeschossigen Gebäudes, das im Jahre 1976 errichtet wurde. Der Keller, das Erdgeschoß und das erste Obergeschoß sind an Gewerbetreibende vermietet. Die in den Obergeschossen befindlichen Wohnungen sind seit Errichtung des Gebäudes unvermietet, weshalb ein Teil zu Gewerberaum umgebaut wurde, ohne daß dies zu einer Vermietung geführt hätte. Dies liegt unter anderem Daran, daß ein Fahrstuhl fehlt. Das Finanzamt lehnt den Abzug der für die leer stehenden Räumlichkeiten anfallenden Aufwendungen als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung nicht mehr zu, da keine ernsthafte Vermietungsabsicht besteht.
Dies wird vom BFH bestätigt. Zwar sind solche Aufwendungen auch schon vor der Erzielung von Einkünften abziehbar. Voraussetzung ist jedoch die Absicht des Steuerpflichtigen, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, wozu entsprechende ernsthafte Besichtmühungen gehören. Wegen der langen Dauer des Leerstandes und des Umstandes, daß der Steuerpflichtige seit vielen Jahren nichts unternimmt, um die Räume zu vermieten, darf das Finanzamt davon ausgehen, daß die Vermietungsabsicht aufgegeben worden ist.
25.06.2009 BFH Urteil, Az. IX R 54/08
Die Klage gegen die Vaterschaftsanfechtungsklage des Regierungspräsidenten
Die Antragstellerin wurde 2007 als Tochter einer chinesischen Staatsangehörigen geboren. Ein malayischer Staatsangehöriger, der seit 1978 rechtmäßig in Deutschland wohnt und eine Niederlassungserlaubnis hat, hat die Vaterschaft anerkannt. Dadurch hat die Antragstellerin die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Der zuständige Regierungspräsident hat daraufhin die Vaterschaft vor dem Familiengericht angefochten. Die Antragstellerin beabsichtigt den Regierungspräsidenten auf Rücknahme der Vaterschaftsanfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht zu verklagen und beantragt hierfür Prozesskostenhilfe.
Diese wird ihr in zwei Instanzen verweigert.
Es fehlt bereits an einer Klagbefugnis, da mit der Vaterschaftsanfechtungsklage nicht in ein subjektiv-öffentliches Recht der Antragstellerin eingegriffen wird. Zwar handelt es sich bei der deutschen Staatsangehörigkeit um ein solches Recht, die Vaterschaftsanfechtung greift jedoch nicht in dieses Recht ein, vielmehr ist der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit bei Erfolg der Vaterschaftsanfechtung lediglich deren Rechtsfolge.
Die Vaterschaftsanfechtung greift auch nicht in die Freiheitsrechte der Antragstellerin ein, da diese vom Familiengericht im Rahmen seiner Entscheidung nach § 1600 Abs. 3 BGB zu wahren sind.
Zwar handelt es sich bei der Entscheidung, die Vaterschaft anzufechten, um eine Ermessensentscheidung, die jedoch ausschließlich am öffentlichen Interesse orientiert ist. Der Antragstellerin fehlt mithin auch insoweit eine Klagbefugnis.
17.6.2009 Beschluss vom VGH Kassel, Az. 7 D 1536/09
Bei einem Fußballspiel erleidet der Kläger einen Schienen- und Wadenbeinbruch. Er meint, der Beklagte habe ihn von hinten mit gestrecktem Bein angegriffen, nachdem er den Ball schon abgespielt habe. Der Beklagte macht geltend, beide seien nach dem Ball gelaufen. Er habe den Ball zuerst erreicht. Der Kläger habe sein Bein nach dem Ball ausgestreckt und dadurch den Lauf des Beklagten gestört. Bei dieser Aktion seien beide zu Fall gekommen.
Die Klage auf Schadenersatz wird vom Land- und Oberlandesgericht abgewiesen. Letzeres lässt die Revision zu, weil der Bundesgerichtshof bei einem Auffahrunfall während einer motorsportlichen Veranstaltung auf dem Hockenheimring ausgeführt hat, daß im Regelfall weder von einem konkludenten Haftungsausschluss ausgegangen noch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen als treuwidrig angesehen werden kann, wenn für die aufgrund des besonderen Gefahrenpotentials einer Sportveranstaltung zu erwartenden bzw. eintretenden Schäden für die Teilnehmer Versicherungsschutz besteht.
Dies setzt allerdings voraus, daß eine Haftung des anderen Beteiligten besteht. Dies setzt den Nachweis voraus, daß er schuldhaft gegen die Regeln des sportlichen Wettkampfs verstoßen und dabei einen anderen verletzt hat. Dagegen scheidet eine Haftung aus, wenn es sich um Verletzungen handelt, die sich ein Sportler bei einem regelgerechten und dem - bei jeder Sportausübung zu beachtenden - Fairnessgebot entsprechenden Einsatz seines Gegners zuzieht. In einem solchen Fall hat sich der Schädiger jedenfalls nicht sorgfaltswidrig verhalten. Die Sorgfaltsanforderungen an den Teilnehmer eines Wettkampfs bestimmen sich nach den besonderen Gegebenheiten des Sports, bei dem sich der Unfall ereignet hat. Sie sind an der tatsächlichen Situation und den berechtigten Sicherheitserwartungen der Teilnehmer des Wettkampfes auszurichten und werden durch das beim jeweiligen Wettkampf geltende Regelwerk konkretisiert.
Dies hat der Kläger nicht nachweisen können. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der Schädiger über eine Haftpflichtversicherung verfügt, die den Schaden deckt. Hierdurch kann nur eine an sich gegebene Haftung aufrechterhalten, nicht aber begründet werden.
27.10.2009 BGH Urteil, Az. VI ZR 296/08
Ein Sparbuch über einen Betrag von 16.000,– DM, das 1971 angelegt wurden war, diente zunächst als Sicherheit für ein Bauspardarlehen. Nachdem dies im Jahre 1982 erledigt war wurde es von der Bausparkasse allerdings erst 2005 an den Sicherungsgeber zurückgesandt, der von der Sparkasse die Auszahlung des Guthabens verlangte. Diese machte geltend über das Sparguthaben sei unterschiedlich verfügt und das Restguthaben von 2.565,– DM 1982 ausgezahlt worden. Da die handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen abgelaufen seien, verfüge sie nicht mehr über die einzelnen Unterlagen. Es sei Sache des Sparers das Bestehen des Guthabens zu beweisen.
Dies sieht das Oberlandesgericht Celle in Übereinstimmung mit anderen Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof anders. Das Sparbuch ist eine Beweisurkunde. Allein der Zeitablauf rechtfertigt keine Beweislastumkehr. Zwar hat eine Zeugin bekundet, daß der Sparer seinerzeit ein guter Kunde gewesen und es schon vorgekommen sei, daß Auszahlungen auch ohne Vorlage des Sparbuches erfolgt seien. Da Auszahlungen auf Sparbücher nur gegen Vorlage des Sparbuches erfolgen dürfen, könne sich die Sparkasse nicht zu Ihrem Vorteil auf ihr Fehlverhalten berufen.
18.6.2008 OLG Celle Urteil, Az. 3 U 39/08
Dem frachtbriefmäßigen Empfänger des Transportgutes können bei Verlust oder Beschädigung des Gutes auch gegen den Unterfrachtführer, der nicht aufeinanderfolgender Frachtführer i. S. von Art. 30 Abs. 1 WA 1955 ist, eigene Schadensersatzansprüche zustehen (Aufgabe von BGHZ 116, 15 [zu Art. 34 CMR]).
Das Herbeiführen eines Verkehrsunfalls durch ein „Einnicken“ des Fahrers am Steuer begründet nur dann den Vorwurf eines leichtfertigen und dem Bewusstsein erfolgten Handelns, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, wenn sich der Fahrer bewusst über von ihm erkannte deutliche Anzeichen einer Übermüdung hinweggesetzt hat. Für den dem Anspruchssteller dafür obliegenden Nachweis sind die Regeln des Anscheinsbeweises jedenfalls insoweit nicht anwendbar, als es sich bei dem Geschehen um einen individuellen Vorgang handelt (im Anschluss an BGH VersR 1974, 593, 594, VersR. 1977, 619, 620 und VersR. 2003, 364, 365).
Der Umstand, dass ein im Güteverkehr eingesetzter noch nicht 21 Jahre alter Fahrer, der einen Unfall verursacht hat, nicht Inhaber eines Befähigungsnachweises über den erfolgreichen Abschluss einer von einem der Mitgliedstaaten anerkannten Ausbildung für Fahrer im Güterkraftverkehr gemäß den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über das Mindestniveau der Ausbildung als Fahrer von Transportfahrzeugen im Straßenverkehr gewesen ist, hat für die Frage der Haftung nur dann Bedeutung, wenn sich das Fehlen der bei einer entsprechenden Ausbildung vermittelten Kenntnisse im zur Beurteilung stehenden Unfallgeschehen zumindest als Gefahrenmoment niedergeschlagen hat (im Anschluss an BGH NJW 2007, 506 Tz 15 ff., 17 f.).
Für einen im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Transportrechtsreformgesetzes noch nicht verjährten transportrechtlichen Anspruch (hier: nach der KVO) gilt, sofern er nach dem neuen Recht einer längeren Verjährung unterliegt als nach dem früheren Recht, die neuere längere Verjährungsfrist.
Im Fall des Art. 29 CMR bestimmt sich der Umfang des zu ersetzenden Schadens nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht (Bestätigung von BGH TranspR 1999, 102, 105) und daher, wenn deutsches Recht zur Anwendung kommt, nach den Vorschriften der §§ 249 ff. BGB. Dem Geschädigten ist es jedoch unbenommen, seinen Schaden stattdessen auf der Grundlage der Art. 17 bis 28 CMR zu berechnen.
Ein in den Entscheidungsgründen gegebener „Hinweis“, dem sich nicht ohne weiteres entnehmen lässt, weshalb die Klage (zum Teil) ebenfalls unbegründet sein könnte, stellt in der Regel keine die Klageabweisung tragende Erwägung dar, die mit der Berufungsbegründung selbstständig angegriffen werden muss.
Im rechtlichen Ansatz ist davon auszugehen, dass eine Sachbeschädigung auch ohne festgestellte Substanzverletzung allein aufgrund eines der betroffenen Sache anhaftenden Schadensverdachts in Betracht kommen kann.
Denn der potentielle Erwerber einer mit einem Schadensverdacht behafteten Sache wird im Allgemeinen nicht bereit sein, ohne vorherige Ausräumung des Verdachts für die betroffene Sache den vollen Marktpreis zu zahlen. Ein begründeter Schadensverdacht führt daher in der Regel zu einer Minderung der Wertschätzung des betroffenen Gutes im wirtschaftlichen Verkehr (vgl. zu § 429 Abs. 1 HGB a. F.: BGH, Urt. v. 24.05.2000 – I ZR 84/98, TranspR 2000, 456, 458 = VersR 2001, 127).
Zum Umfang der Einlassungspflicht des Spediteurs, wenn aufgrund unzureichender Sicherung der Ladung Transportgut beschädigt wurde:
Verlässt ein Lkw – wie im Streitfall – das Betriebsgelände mit unzureichend gesicherter Ladung, so spricht dies prima facie für ein grobes Organisationsverschulden.
Die Haftungsfreizeichnung des Spediteur-Frachtführers nach § 52 Buchst. a Satz 2 i. V. mit § 52 Buchst. c ADSp a. F. weicht im Bereich des Straßengüterverkehrs unangemessen von der gesetzlichen Haftung nach § 413 Abs. 1, §§ 429 ff. HGB a. F. ab und verstößt deshalb insoweit gegen § 9 AGBG.
Die Zuständigkeitsregelungen des Art. 31 Abs. 1 CMR kommen grundsätzlich auch bei der Geltendmachung von außervertraglichen Ansprüchen, etwa aus Delikt, zur Anwendung. Das gilt auch dann, wenn ein Unterfrachtführer als bloße Hilfsperson (Art. 3 CMR) des Hauptfrachtführers von dessen Auftraggeber bzw. von dem Rechtsnachfolger des Auftraggebers aus Delikt auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Bei Einschaltung mehrerer Frachtführer ist nicht der Ort der Übernahme des Gutes durch den Unterfrachtführer, sondern der Abgangsort der gesamten Beförderung Ort der Übernahme i. S. von Art. 31 Abs. 1 lit. b CMR. Dies gilt auch für eine von dem ursprünglichen Versender bzw. dessen Rechtsnachfolger gegen den Unterfrachtführer selbst gerichtete Klage.
Der Auftraggeber, der die Geschäftsbeziehungen mit einem Spediteur fortsetzt, obwohl es in dessen Gewahrsam auf Grund grober Organisationsmängel zu Verlusten gekommen ist, ist nach Treu und Glauben nicht daran gehindert, den Spediteur wegen eines Schadens aus grobem Verschulden in Anspruch zu nehmen; allerdings kann sein Anspruch nach § 254 BGB gemindert sein.